Kälber, Kühe und Milcherzeugung auf dem Kannamüller-Hof: Seit 13 Jahren engagiert sich Johanna im Projekt ‘Landfrauen machen Schule’.
"Die Kinder erleben beim Besuch unseres Hofes die Tiere und alle Stationen vom Füttern bis zum Melken. Wir möchten im Schulprojekt vermitteln, dass es die Landwirtschaft ist, die für Lebensmittel sorgt.«
Das Interview haben wir im Februar 2025 geführt.
Die Familientradition
Johanna Kannamüller: „Hier leben wir gemeinsam mit unseren beiden Kindern und meinen Eltern, von denen wir den Hof übernommen haben. Meine beiden Schwestern und ich haben ebenso wie jetzt unser Maxi (19) und Emma (7) von klein an erlebt, wie eng auf dem Bauernhof die Arbeit und das Familienleben verwoben sind.“
Gute Ausbildung ist wichtig
Johanna Kannamüller: „Nach der Schule habe ich Hauswirtschaft gelernt, den Meister gemacht und mich zur BBV-Ernährungsfachfrau und zur Fachlehrerin für Ernährung und Hauswirtschaft weitergebildet. Seit 13 Jahren engagiere ich mich für „Landfrauen machen Schule“ und seit fünf Jahren arbeite ich als Leitung in der Nachmittagsbetreuung der Grundschule Waldkirchen.“ Josef Kannamüller: „Auch ich komme vom Bauernhof. Nach der landwirtschaftlichen Lehre absolvierte ich die Meisterausbildung. Unser Sohn Maxi will in den Hof mit einsteigen. Er beendet gerade die Lehre als Landmaschinenmechaniker und will im Anschluss die Landwirtschaftsausbildung an der Abendschule beginnen.“
Hof liegt im Bayerischen Wald
Josef Kannamüller: „Unsere Region ist hügelig, kleinstrukturiert. Viele kleine Höfe haben längst aufgegeben. Ich finde es erschreckend, wie wenige Kinder selbst hier auf dem Land etwas über die Erzeugung von Lebensmitteln wissen. Viele waren noch nie auf einem Bauernhof.“ Johanna Kannamüller: „Morgens gegen 5:00 Uhr gehen wir beide für zwei Stunden in den Kuhstall. Zuerst wird der Melkstand vorbereitet, dann wird gemolken. Im Anschluss füttern wir die Kälber und Kühe. Am Abend ist um 16:30 Uhr wieder Stallzeit. Die Tiere werden dann zum zweiten Mal gemolken.“
Milchbauernhof mit Laufstall
Josef Kannamüller: „In unserem Laufstall stehen 80 Milchkühe, die meisten Tiere sind Fleckvieh. In unserem Stall können sich die Tiere frei bewegen, zum Futter oder zur Tränke gehen und in den Liegeboxen liegen. Insgesamt bewirtschaften wir 100 Hektar Land, von dem wir 85 Hektar von anderen Bauern gepachtet haben. Etwa 60 Prozent dieser Fläche sind Grünland, also Wiesen; der Rest entfällt auf Ackerbau für die Futtererzeugung.“
Landfrauen machen Schule
Johanna Kannamüller: „Von Schulen erlebe ich ein großes Interesse an dem Angebot. Zum Projekt gehört, dass ich zuerst Theoriestunden zu den Lebensmitteln in der Klasse halte, später kommen die Grundschulklassen zu uns auf den Hof und erleben die Praxis. Mir liegt es am Herzen, den Kindern zu vermitteln, wofür es Landwirte braucht. Wenn sie den nächsten Hamburger essen, dann wissen sie jetzt, dass es Bauern sind, die das Getreide für die Brötchen angebaut haben; dass das Fleisch von Rindern stammt, die auf den Höfen standen, und dass es für den Cheeseburger-Käse Kühe braucht, die Milch geben.“
Volles Programm beim Bauernhofbesuch
Johanna Kannamüller: „Zuerst kläre ich die Verhaltensregeln. Zum Beispiel, dass man Tiere nur streicheln darf, wenn sie freiwillig auf einen zu kommen. Anschließend laufen mein Mann und ich in getrennten Gruppen zu den Stationen auf dem Hof. Dort wird alles kindgerecht und bildhaft erklärt. Das Babyzimmer ist der Platz mit den Kälbchen. Die Kinder sind jedes Mal sehr angetan. Ich bin schon viele Jahre später angesprochen worden, ob es das Kälbchen vom Besuch damals noch gibt. Das freut mich und zeigt mir, wie lange unser Landfrauen-Schulprojekt nachwirkt.“
Viel zu erfahren, viel zu genießen
Johanna Kannamüller: „Im Stall erkläre ich die Ohrmarke, die alle Kühe tragen. Sie ist vergleichbar mit dem Personalausweis von uns Menschen. In der Mutterschutz-Abteilung sehen die Schulkinder oft zum ersten Mal eine hochträchtige Kuh. Weiter geht’s zum Stall mit den Arbeiterinnen. Sie sind es, die für uns die Milch geben. Dort fragen ich nach, was sie beobachten. Die Kinder entdecken liegende und wiederkauende Kühe, was wiederum Anlass für Erklärungen der Besonderheit der Kuhmägen ist. Auch die Güllegrube zeigen wir. Dass sie im Kreislauf des Hofes als Dünger für die Felder wichtig ist, davon sind die Kleinen beeindruckt. Zum Abschluss der Führung wird gegessen: Eine Brotzeit mit dem Käse von Goldsteig; in dieser Käserei wird unsere Milch verarbeitet. Danach ist Zeit sich nochmal umzuschauen, sogar auf den Bulldog, den großen Traktor, dürfen sie klettern. Das Ende ist immer eine gemeinsame Abschlussrunde. Wenn Kinder dann sagen, ich weiß jetzt, woher die Milch kommt und wie viel Arbeit das ist, freue ich mich.“
Immer etwas zu tun auf dem Bauernhof
Josef Kannamüller: „Mein Beruf ist auch mein Hobby. Ich bin für den Ackerbau und die Wiesen zuständig. Mit Silomais, Weizen, Kleegras bauen wir das eigene Futter an. Das Jahr beginnt Anfang April mit der Wiesenpflege. Später wird der Mais eingesät, im Winter das Wintergetreide. Im Sommer wird gemäht, geerntet und mit der Gülle gedüngt. Im Winter steht die Wartung der Maschinen auf dem Plan. Hier auf dem Hof gibt es auch eine Photovoltaikanlage, die der Melkanlage den Strom liefert.“
Neue Pläne und ein Wehrmutstropfen
Josef Kannamüller: „Unser nächstes Projekt ist der Bau eines Außenauslaufs für die Tiere. In den vergangenen Jahren hatte ich vor allem den Fokus darauf, Grund zuzupachten, den Viehbestand weiter aufzubauen und die Leistung der Kühe zu steigern. Im Durchschnitt geben sie jetzt 10.500 l Milch pro Jahr und Kuh.“ Auf eine Schattenseite möchten Johanna und Josef Kannamüller am Schluss noch hinweisen: „Keinen Spaß“, da ist sich das Ehepaar einig, „macht die viele Bürokratie mit den immer neuen Auflagen.“
© VMB | Interview: Elke Hoffmann | Februar 2025 | Foto: Kannamüller