Auf dem Naturlandhof Osterwind sind die Kühe im Sommer auf der Weide.
Das Interview haben wir im Juni 2025 geführt.
Familie und Hofgeschichte
Christian Mießlinger: „Unser Vierkanthof hat eine lange Tradition. Mein Vater (72) hat ihn vom Ehepaar Mießlinger geerbt. Er und seine Eltern hatten damals „nur“ auf dem Hof gearbeitet. Weil die Vorbesitzer keine Kinder hatten, wurde er von ihnen adoptiert, damit der Hof übernommen und weitergeführt werden konnte. Mittlerweile ist der Betrieb auf mich übergegangen. Hier lebe ich mit meiner Frau Stefanie und unseren zwei Kindern Simon (5) und Veronika (4). Stefanie übernimmt Teile der Büro- und Stallarbeit und sorgt für die Verpflegung des Teams. Mein Bruder ist Künstler, wohnt ebenfalls auf dem Hof, hält nebenbei Bienen und Geflügel.“
Der Hof
Christian Mießlinger: „Pfeffenhausen liegt in der Hallertau, eine Ackerbauregion, die für den Hopfenanbau bekannt ist. Wir halten 65 Milchkühe, 100 Mastrinder und 150 Mastschweine. Zum Hof zählen außerdem ca. 40 Hektar Ackerland, überwiegend für Futteranbau, ca. 30 Hektar Grünland sowie 13 Hektar Wald.“
Ausgefüllte Arbeitswoche
Christian Mießlinger: „Die 40-Stunden-Woche ist bei mir schon mittwochs voll. Mein Tag beginnt um 5:30 Uhr und endet oft erst nach 20:00 Uhr. Ich führe den Hof zusammen mit meinem Vater. Ein Azubi, ein Angestellter auf Teilzeit und meine Frau unterstützen mich auf dem Hof. Außerdem betreibe ich einen Holzvergaser.“
Humusaufbau seit über 30 Jahren
Christian Mießlinger: „Mein Vater hat den Hof 1987 aus Überzeugung auf Bio umgestellt. Anders als heute gab es damals keine Umstellungsprämie. Von Beginn an hat er den Mist als Dünger auf unsere Böden gefahren, was die Humusbildung fördert. Die Erde wird so lockerer und kann besser Wasserspeichern. In der Rückschau war das sehr wichtig, denn eine gute Humusschicht braucht lange, bis die sich bildet.“
Auf Klimaänderung reagieren
Christian Mießlinger: „Wir merken extreme Wetterereignisse, vor allem zu viel oder zu wenig Regen. Das wirkt sich direkt auf die Erträge aus. Unsere Antwort: Die Bodenstruktur weiter verbessern. Seit über 30 Jahren fahren wir den Mist auf die Felder. Das hilft uns jetzt bei den Wettereignissen, weil die Wasserbindungsfähigkeit unserer Böden sehr gut ist.“
Neue Impulse bei der Weidehaltung
Christian Mießlinger: „Wir hatten beim Milchvieh immer Weidehaltung. 2012 habe ich dann auf Vollweidehaltung umgestellt. Das heißt, von März bis Oktober stehen die Kühe überwiegend draußen. Zweimal am Tag kommen sie zum Melken in den Stall. Für diesen Schritt habe ich 16 Hektar Ackerland eingesät. Mein Vater war zuerst dagegen, fragte, warum willst du die schönsten Ackerflächen zur Weide machen? Heute ist er von der Entscheidung überzeugt. Dadurch haben wir fast keine Erosion auf den Flächen und einen deutlich niedrigeren Nitrateintrag durch Gülle, weil das Wurzelwerk den Dünger direkt aufnimmt. Die Vollweide spart uns außerdem mindestens zwei Stunden Zeit am Tag, wegen der geringeren Stallarbeit. Kaum Zufütterung während der Weidesaison bedeutet für uns auch Geldersparnis. In den Wintermonaten stehen die Kühe dann im Laufstall. In dieser Zeit kalben sie und bekommen neben Heu, Stroh, Gras- und etwas Maissilage.“
Standbein Erneuerbare Energien
Christian Mießlinger: „Wir haben einige PV-Anlagen für unseren eigenen Strombedarf plus Einspeisung. Leider sind die Stromnetze bei gutem Wetter für den vielen Sonnenstrom noch nicht ausgebaut. Für uns ein Problem, weil der Netzbetreiber bei Überlastung unsere Anlage ohne Vorankündigung abschaltet. Wir können dann erstens nicht einspeisen und zweitens müssen unsere elektrischen Geräte mit dem teuren Strom des Netzbetreibers arbeiten. Unter dem Strich ist das doppelt teuer, wegen der Einnahmeverluste und wegen des hohen Strompreises, den wir dann zahlen. Ich produziere außerdem Holzgas, für das wir ausschließlich Holzreste vergasen, die sonst zu nichts genutzt werden. Das Gas wird in einem Motor verbrannt. Die anfallende Abwärme wird zum Trocknen unseres Heus und der Hackschnitzel verwendet. Außerdem betreibe ich eine Lohntrocknung für Hackschnitzel, Brennholz, Getreide und Heu.“
Hofladen mit eigenen Produkten
Christian Mießlinger: „Im Hofladen können sich die Kunden Biomilch in der Milchkammer zapfen. Und es gibt leckeres Eis aus unserer Osterwinder Bio-Weidemilch. Wir bieten Imkereiprodukte, Freilandeier und Wurst. Fleisch vom Hof gibt es auf Vorbestellung. Dazu gibt es Kräuter- und Hopfenprodukte wie Salze, Kissen, Tees, Räuchermischungen und Kunsthandwerk.“
Bauer sein, ist herausfordernd
Christian Mießlinger: „Das Schwierige ist die Bürokratie und, dass so viele Leute darauf schauen, ob wir es richtig machen. Damit meine ich auch Verbraucher, die uns Bauern gerne kritisieren aber keine Ahnung von der Arbeit hier haben. Allerdings haben wir Biobauern es in dieser Hinsicht etwas besser als die konventionell arbeitenden Kollegen. Aber das Prinzip des „Bauern kritisieren“ gleicht sich. Eine große Herausforderung ist die Wirtschaftlichkeit. Zwar sind die Erlöse für Milch etwas gestiegen, aber nicht im
gleichen Maß wie die Kosten. Diesel ist teuer geworden. Die Kosten für Reparaturen und Ersatzteile sind noch stärker gestiegen. Wenn ich beispielsweise unsere drei Schlepper zum Werkstattservice gebe, muss ich mit ca. 5.000 Euro rechnen. Und die Anschaffung neuer Maschinen ist fast doppelt so teuer wie vor zehn Jahren. Auf der Einnahmenseite bekomme ich derzeit 65 Cent pro Liter Milch von der Molkerei. Eigentlich müssten es 70 Cent pro Liter sein, damit wir die beschriebenen Preissteigerungen auffangen können.“
Bauer sein, ist schön
Christian Mießlinger: „Trotz der Herausforderungen, die Faszination meines Berufs liegt für mich darin, mit der Natur und relativ frei nach meinen Vorstellungen zu arbeiten. Außerdem macht mir die Vielseitigkeit meines Berufs großen Spaß. “
© VMB | Interview: Elke Hoffmann | Juni2025 | Foto: Mießlinger